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Black Bear

2/4 March

Traditional

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Gehts es hier überhaupt um einen Bären? Nun wird etwas komplizierter: In einer frühen Fassung des Tunes wird der Titel als "The Black Baird" geschrieben. In den alten Clan-Strukturen war der Baird - der Barde - ein hochgeachteter Mann. Geschichtenerzähler, Poet und Historiker in einem. Eine herausragende Person, denn sie berichtete aus alten Zeiten, von den Heldentaten des Clans, insbesondere von jenen des Chiefs und seiner Familie. Ein Lied um einen schwarzen Barden würde nun aber wenig Sinn machen, denn üblicherweise war der Barde alt und sein Erscheinungsbild somit eher von einem grauen oder weissen Bart geprägt, falls auch noch mit dem Bart assoziiert werden soll.

Die Herkunftsgeschichte der Melodie von Black Bear wie auch die Bedeutung des Titels sind so undurchsichtig wie dicker schottischer Nebel. Das macht den populären 2/4-Marsch zu einem urtypischen schottischen Tune.

Das in Schottland gesprochene Englisch, Scots English, hat so manche Tücken, wie sogar Touristen mit englischer Muttersprache regelmässig erfahren müssen. Worte meinen nicht immer das, was man sich vom Schulenglisch her gewohnt ist.

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Unter Black Bear versteht jeder Amerikaner grundsätzlich einen schwarzen nordamerikanischen Grizzly. Der Europäer assoziert den Ausdruck Black Bear eher etwas spezifischer, zum Beispiel mit einem tanzenden Zirkusbären, wie er bis in die neunziger Jahre v.a. in Osteuropa verbreitet anzutreffen war.

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An t-seann bhard / The Old Bard

Die Assoziation mit dem Bart ist tatsächlich gar nicht so abwegig: Es könnte sich hier um einen schwarzen Bart  - the beard in Standardenglisch oder the baird in alter schottischer Schreibweise - handeln.

Nun sind aber schwarze Bärte in Schottland etwa so selten anzutreffen, wie blonde bei uns. Die folgende Erklärung hat aber dennoch etwas an sich:

Black Bear war und ist das Standard March Off Tune aller schottischen Highland- und Garde-Regimenter. Im Garnisonsdienst wurden die regulären Einheiten abends nach hartem Felddienst in der Regel von ihren Pipes & Drums abgeholt und zurück in die Kasernen begleitet. Dass die Soldaten nach ihrem Musketentraining mit pulververschmierten Gesichtern und eher schwarzen als flachsfarbenen oder roten Bärten zurückgekehrt sind, ist leicht vorstellbar. Und dann bräuchte es nur noch einen nachlässigen Schreibfehler und der enigmatische Titel Black Bear wäre recht plausibel erklärt.

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Ob es so ist oder anders - wir wissen es nicht. Die Melodie jedenfalls gilt als traditionell und dürfte gälischen Ursprungs sein - gerade weil die ältesten niedergeschriebenen Musikfassungen aus den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts stammen, wo die gälische Sprache verboten und gälisches Liedgut offiziell verpönt war.

Zum guten Glück blieb die fröhliche und eher unmilitärische Melodie aber nicht einfach bloss erhalten, sondern wurde von den Pipes & Drums Ihrer Majestät weltweit bekannt und sehr populär gemacht.

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Natürlich gibt es von der populären Meldodie auch einen Folk Song unter dem Titel Tunes of Glory, gesungen vom schottischen Sänger und Entertainer Andy Stewart:

Black Bear ist auch ein schönes Beispiel für ein historisches schottisches Paradoxon: wer sich als junger Mann in den ersten 50 Jahren nach Culloden seine Highland-Kultur - das Dudelsackspiel, das Tragen von Stichwaffen und das Tragen des Kilts - bewahren wollte, musste entweder auswandern oder sich von der Armee anwerben lassen. Dort war das Tragen von Waffen Daily Business, das Kilttragen Pflicht  und Dudelsack zu spielen wurde nicht bloss geduldet, sondern aktiv gefördert. Dieselbe Armee, welche wenige Jahre zuvor noch brandschatzend durch die Highlands zog, hat sich nachgerade zur Erhalterin gälisch geprägter Lieder und Tanzmusik verdient gemacht. Und dies nachhaltig. Seit Königin Victoria, 100 Jahre nach Culloden, ihrem Tagebuch anvertraut haben soll, sie spüre Stuart-Blut in ihren Adern, spielen die Pipes & Drums Ihrer Majestät sowohl Melodien keltisch-gälischen Ursprungs, als durchaus auch jakobitische Parademärsche wie beispielsweise Hey Johnnie Cope oder Blue Bonnets Over the Border.

Tunes of Glory

"Now when the pipes are ringing and the kilts are swinging

And your heart is singing as you gaily march along.
You can hear the story that is brave and roary

In the tunes of glory of an old Scots song.
 

If you’re standing near them and you ever hear them

You will want to cheer them as you feel the glory there

Because the rhythm fills you and the drum beat wills you

And the music thrills you of the old Black Bear

 

Brave are the orders we carry before us

Brave are the hearts that will lift in the chorus

Hear them playing, hear them saying

That’s the story in the tunes of glory"

Marching off, Edinburgh Military Tattoo 2023

An Military Tattoos ist Black Bear zweifellos das beliebteste March Off Tune der Massed Pipes & Drums-Formationen - wenn nicht sogar das beliebteste überhaupt. Das liegt nicht nur an der mitreissenden Melodie sondern auch am lauten "Hoy!", welches von den Drummers am Ende des ersten Marschteils gerufen und vom Publikum begeistert aufgenommen wird.

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Scots Guards, Windsor ca. 1950

Laut PM Angus MacDonald, Pipe Major 1st Btn Scots Guards 1931-45 (und Piper to the Sovereign 1945-65) sei Black Bear das Lieblingsstück eines Batallionskommandanten der Scots Guards gewesen. Häufig liess er den Marsch spielen, wenn seine Truppen im Garnisonsdienst abends in dies Kasernen zurückmarschierten. Nach einem besonders anstrengenden Tag verlangte der Major von seinen Pipes & Drums wiederum, Black Bear zu spielen. Es soll einige Zeit gedauert haben, bis den Gardisten klar wurde, dass die Tagesarbeit zu Ende war. Vor Begeisterung sollen sie einen lauten Schrei ausgestossen haben. Den fand der Kommandant passend. Er bat seine Soldaten, fortan am Ende des ersten Teils (der mehrfach wiederholt wird), weiterhin "Hoy!" zu rufen und begründete so eine lange Tradition. Achten sie mal darauf, wenn sie den Abmarsch der Massed Pipes& Drums beim Edinburgh Military Tattoo verfolgen!

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