The Panda
Jig
Gordon Duncan
Keine Zusammenstellung von Pipe-Tune-Geschichten wäre einigermassen repräsentativ, ohne den genialsten, innovativsten und einflussreichsten Dudelsackspieler der neueren Zeit vorzustellen.
Der legendäre Gordon Duncan (1964 - 2005) aus Edradour, Pitlochry, wird von Manchen als Jimmy Hendrix der Dudelsackszene bezeichnet. Und ähnlich wie Hendrix und viele andere extrem kreative und unkonventionelle Musiker verstarb er leider viel zu früh.
Gordon Duncan wuchs in einer einfachen, aber sehr musikalischen Familie auf. Sein Vater Jock war ein bekannter und preisgekrönter Interpret traditioneller schottischer Balladen. Mit acht Jahren begann Gordon Dudelsack zu spielen. Sein erster Tutor war sein Vater, später Bill Hepburn, Pipe Major der Turriff & District Pipe Band und vor allem sein älterer Bruder Ian Duncan, selber ein hervorragender Piper und sehr erfolgreicher Pipe Major.
Als ganz junger Piper durchlief Gordon eine harte und klassisch geprägte Schule. Sein ausserordentliches Talent zeigte sich rasch und schon bald spielte er in der Vale of Atholl Pipe Band, welche von seinem älteren Bruder Ian als Pipe Major geführt wurde. In den achtziger Jahren waren beide Duncans massgeblich daran beteiligt, Vale of Atholl von einer lokalen Grade-4-Band systematisch auf den Top Level einer respektierten Grade-1-Band zu heben.
Gordon nahm schon früh an Competitions für junge Piper teil. Die meisten davon gewann er. Bereits mit 18 Jahren verlor r aber das Interesse an klassischen Wettbewerben, fand aber zunehmend an Folk Music Gefallen.
Gordon Duncan ca. 1978
Dougie MacLean und Gordon Duncan
Gordons Interesse ging weit über schottischen Folk hinaus. Er war fasziniert von Dudelsackmusik mit ganz anderen Traditionen als der schottischen, besonders die bretonische Musik tat es ihm an.
1997 und 1998 gewann Gordon Duncan zweimal die Trophée MacCrimmon Highland Bagpipes am wichtigsten Festival für keltische Musik in Lorient (beide Male vor Willie McCallum).
Er begann, mit den Tannahill Weavers, Wolfstone und Ceolbeg zu touren und freundete sich mit Dougie MacLean an. Gordon Duncan spielte nicht nur hervorragend Dudelsack, er beherrschte ebenso meisterhaft verschiedenste Flöten. Seine Freunde motivierten ihn, eigene, keltisch geprägte Musik komponieren.
Festival Interceltique de Lorient
Das grosse Festival für keltische Kultur findet seit 1971 jährlich in Lorient in der Bretagne statt. Die Teilnehmenden repräsentieren die keltische Diaspora aus der ganzen Welt: Bretagne, Irland, Schottland, Cornwall, Wales, Cumbria, Isle of Man, Cape Breton-Insel, Galizien, Asturien und Acadien. Während den beiden Festivalwochen im August u.a. eine Reihe von Musikwettbewerben statt, worunter der Solowettbewerb Trophée MacCrimmon Highland Bagpipes eine besonders interessante ist: es gilt drei Tunes in unterschiedlichen Genres zu präsentieren - schottisch, irisch und bretonisch.
Einem breiten Publikum ist Gordon Duncan vor allem bekannt als Dudelsackspieler mit höchst eigenwilligen Interpretationen von traditionellen Trunes, vor allem auch von Rockklassikern wie z.B. Thunderstruck von AC/DC.
In der weltweiten Dudelsackszene wird Gordon Duncan aber auch als Komponist und Interpret von Jigs und Reels verehrt, wie zum Beispiel das melancholische "Sleeping Tune", welches er angeblich in Lorient nach einer durchzechten Nacht direkt auf seinem Dudelsack komponierte.
"Sleeping Tune", gespielt von Alex Duncan, Neffe von Gordon
Gordon Duncan hat unzählige Jigs eingespielt und Notationen verfasst. Schnelle, aber gerade Taktfolgen in Dreiergruppen wirken auf den ersten Blick relativ einfach strukturiert. Hört man aber Gordon Duncan genauer zu, erkennt man bald, dass hinter dem einen oder anderen "schräg" klingenden Ton eine ganz besondere Ausdruckskraft und eine unglaubliche Subtilität der Intonation, gepaart mit einer sensationellen hochpräzisen Fingertechnik.
"The Panda" ist so ein typischer Gordon Duncan Jig. Mit Panda ist hier übrigens auch gar nicht der liebenswerte schwarz-weisse Kleinbär gemeint, sondern der alte schwarze Fiat Panda von Vater Duncan, mit dem Gordon und seine Freunde jeweils zu ihren Auftritten an Highland Games fuhren. Den Jig entwickelte er aus einer Fingerübung heraus, spielte ihn unzählige Male an unbekannten Orten, zu unmöglichen Zeiten, und angeblich sogar im Auto. Gordon Duncan halt.
Gordon Duncan kämpfte lange mit Alkoholproblemen. Im Dezember 2005 wurde er in Pitlochry tot aufgefunden. Er starb erst 41jährig.
BBC Alba, der gälische Kanal der BBC, produzierte 2010 diese liebevolle und sehenswerte Dokumentation über das Leben und das Wirken von Gordon Duncan.